FILMTIPP #21: L.A. CONFIDENTIAL VON CURTIS HANSON (USA 1997). AMAZON PRIME.

Bildquelle: ZDF Mediathek

Mitten im Film geht der hochmoralische, für einen integren Durchsetzer des Rechts aber zu im­pul­sive und brutale Cop Bud White (Russell Cro­we) an einem Kino vorbei. Es läuft Beauty and the Beast (1946), der französische Klas­siker von Jean Cocteau. Damit bekommen wir nicht nur einen subtilen Hinweis auf eine Grundkonstellation einiger Personen des Films zuein­ander, wir wis­sen auch das Da­tum, nach dem die Geschichte spielt: Nimmt man den verzöger­ten Start europäischer Filme in den USA mit in den Blick, sind wir in den späten 40er Jahren. Die Marktmacht Holly­woods wurde von Eu­ro­pa aus ange­griffen. Am Ende lief es wie immer. Das Impe­rium schlug zurück.

Die letzten Jahre habe ich mich intensiv mit Malerei des frühen 17. Jahrhun­derts auseinander gesetzt, weil einige Künstler dieser Zeit jener Epoche au­ßerordenlich prä-kinematographisch arbeiteten. Ein Aspekt dieser Ver­wandt­schaft ist das atmosphärische Licht, das selten lo­gisch nachzuvollziehen ist, dafür aber umso intensiver für Atmosphäre sorgt. Der echte Film Noir ist in dieser Hinsicht ein legitimer Nachfolger des gemalten Lein­wand­bildes. Hier heißt das Licht, das kausal gar nicht von Fen­stern oder Lampen kommen kann, Mystery Ligh­ting. Die Blütezeit des Noir währte fünf Jahre, von 1945-50. Danach setzte die Avantgarde immer weni­ger auf myste­riöse Reduk­tionen der Gestaltungsmittel Licht und Chiaroscuro.

Den Film noir gab es aber weiter. Der französische Film policier nahm die Spur früh auf, und auch Hollywood entdeckte die Erfolgsformel irgendwann wieder. Ab da hieß die Phänomen Neo-Noir, ließ aber Licht und Dunkel als expressive Elemente weg. Dafür spielten die Filme weiter in der Nachkriegs­zeit, die Helden sind gebrochen, die Polizisten dafür umso korrupter, je hö­her sie in der Hierarchie stehen. Zunehmend waren diese Filme gut aus­ge­stat­tet, vergnügten sich Setdesign und Budget auf höchstem Niveau miteinander.

Black Dahlia von Brian de Palma (2006), nach James Ellroy, spielt 1947 und und wurde tatsächlich in Bulgarien gedreht. Chinatown von Roman Polanski (1975) ist der Klassiker des Sub-Genres, in dem Hollywood sich selbst über­aus gern spiegelt, spielt es doch am Genius Loci, in Los Angeles. Chinatown ist immer noch ein groß­artiger & eingängiger Film. Über Polanski will ich aber nicht schreiben.

Also L.A. Confidential, der alle beschriebenen Bestandteile eines Neo-Noir hat. Kim Basinger gibt die geheimnisvolle Frau, die viele Männer begehren, als glamouröses Veronica Lake-alike. Es geht u.a. um einen Callgirl­ring, der Huren wie Doubles von Schauspielerinnen ausstattet. Das führt nebenbei zu ei­nem bösen Scherz auf Kosten von Lana Turner. Die Story, wieder nach ei­nem Ell­roy-Roman, ist im Großen und Ganzen unüberschaubar, man ver­steht nicht einmal, wer nun eigentlich der Protagonist sein soll. Lange sieht es nach Russell Crowe aus, dann spielt sich Kevin Spacey nach vorne. Guy Pear­ce hält erstaunlich gut mit. Danny de Vito ist ein origineller Berichterstatter.

Im Ganzen ein preziöser Bilderbogen, bedenkenlos zu empfehlen, wenn man sich einen entspannten Abend am Bildschirm machen will. Hollywood eben. Die Schöne und das Biest. Nie die Spitze des Eisbergs, aber immer das riesi­ge Fundament unter Wasser. Die Torte unten, auf der oben ein paar fremd­arti­ge Kerzen brennen. Wenn ich es recht überlege, wäre Die Schöne und das Biest der bessere Titel für den Film, von dessen Story man nicht viel kapieren muss; dafür wirkt die Harmonie und Ein­dring­lichkeit sei­ner Schau­werte und die Psycho­logie der einzelnen Figuren, die tat­sächlich jede/r ver­steht.

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